Die Übergriffigkeiten des Pater Mertes

Der Podcast „Mit Herz und Haltung“ veröffentlichte am 16. Dezember 2021 ein Interview mit mit Pater Mertes SJ mit dem Titel: “ Wie Aufarbeitung gelingen kann„. Hier möchten wir auf das besprochene Bezug nehmen und erörtern, warum wir Pater Mertes Standpunkte nicht teilen bzw. warum sie Aufarbeitung erschweren.

Er sollte das lassen.

Herr Mertes spricht moniert zu recht mehrfach und vehement, Betroffene von sexuellem Missbrauchs im Kontext der katholischen Kirche nicht zu instrumentalisieren.
Leider tut er dies selbst in einem fort. Nie ging es in der Missbrauchsdiskussion um Minderschweres wie z.B. das verwenden falscher Worte. Es geht nicht auch nicht mehr um die Täter-Priester. Es geht um das System Kirche das sie hervorbringt.

Das Mertes sich die Missbrauchsdebatte für die eigene Agenda instrumentalisiert (wie zuvor schon das Thema Homosexualität) ist nicht gut. Er sollte das lassen. Für wen spricht er überhaupt?

Vertreter der Täterorganisation

Als Vertreter einer Täterorganisation (hier die Jesuiten) verschweigt er, dass sein Orden keine Studie analog zur MHG Studie angefertigt hat. Er betont, dass Beiräte nicht funktionieren, dass Zahlung enttäuschen und das kirchliche Ziele Vorrang haben, ohne auf wesentliche Forderungen von Betroffenen einzugehen.

Die Zahlungen

Er, Mertes führte den juristisch unproblematischen Begriff der Anerkennungsleistungen ein. Er rühmt sich damit, dass es ja Betroffene gäbe, deren Anspruch geringer als dieser Betrag wäre. Das mag sein, doch verschweigt er, dass dieser Betrag für den Großteil der Betroffenen zu recht als Abspeisung empfunden werden muss.
Um hier Transparenz zu vermeiden werden Betroffene nicht am Verfahren beteiligt. Es ist schwer, dass nicht als übergriffig oder abspeisend zu empfinden.
Geld wäre bei allen den Missbrauch betreffenden Themen das am einfachsten zu lösende Problem gewesen.

Verantwortung

Pater Mertes übergeht, dass sein Orden (die Jesuiten) bis heute Hauptverantwortlichen für Missbrauchsysteme keinerlei Sanktionen auferlegt, sondern im Gegenteil, Ihnen öffentlich das vollste Vertrauen ausspricht.
Das diesen Menschen zusammenleben muss, ist seine freie Entscheidung. Daraus eine Opferrolle zu kreieren ist irreführend und unlauter.
Hier können auch selbstauferlegte Ordenregel nicht als Rechtfertigung genügen.

Rauswurf

Das die Forderung eines Rauswurfes überakzentuiert wird ist ebenso irreführend. Ob Priester aus Orden oder Ämtern geworfen werden, wenn sie Grenzverletzend waren, ist ebenfalls eine Erzeugung eines Opfermythoses. Im Zentrum der Kritik stehen vor allem Entscheidungsträger und Verantwortliche, die Kinder hätten Schützen und Täter melden müssen, was sie nicht taten.
Derzeit ist die Situation, dass das Missbrauchtestem Kirche sich über Hirarchienen hinweg immer wieder selber entschuldet. Das ist der Skandal.
Das auch wenig oder unbeteiligte (alle Priester) dadurch stigmatisiert werden ist nicht Schuld von Betroffenen oder Medien, sondern einzig und alleine dem weiterhin verantwortungslosen Handeln der Verantwortlichen der Institution zuzuschreiben.
Was das Problem ist?

Priester und Ordensleute können die Institution verlassen, wenn ihnen dieser Umstand zu viel wird. Betroffene können das nicht.

Prävention

Pater Mertes behauptet, dass die katholische Kirche Vorreiter in Sachen Prävention ist. Gerade diese Behauptung ist verdächtig und gefährlich.

Das ist nicht möglich, solange die systematischen Ursachen nicht abgestellt sind. Ob es Gehorsamsgelübde, Männerbünde, Hierarchien oder die Sexualmoral ist, all das sind wesentliche Risikofaktoren. Keines davon ist angefasst worden. Da Missbrauchssysteme vor allem auch Machtmissbrauchssysteme sind, kann eine Prävention nur sehr eingeschränkt funktionieren. Das die geistlichen Vertreter weniger Reputation und ein gehöriges Maß als Vorsicht erzeugen, kann hier noch als wirkungsvollste Prävention gesehen werden. Dafür sollte sich allerdings nicht die Kirche rühmen, sonder eher die Betroffenen und die Presse. 

Was Pater Mertes nicht ist

Pater Mertes ist in keiner Weise ein Vertreter der Betroffenperspektive. Sich in dieser Weise zu äußern ist genau dass was er vehement kritisiert: massiv übergriffig. 

Wie Aufarbeitung gelingen kann?

Indem Journalisten und Betroffene über die Vorgänge berichten. Indem, und da teilen wir die These von Pater Mertes, nicht die Kirche sich selbst aufarbeiten. Das ist nicht möglich. Und das beweist sie uns täglich.

Hier der Link zum Podcast: https://lebendig-akademisch.podigee.io/152-wie-aufarbeitung-gelingen-kann